Kein Fallschirmsprung ist wie der andere. Auch nach 1.000 Sprüngen erlebt man durchaus noch Überraschungen. Darüber hinaus kann jeder Fallschirmsprung in Etappen eingeteilt werden.
Fallschirmspringen macht Spaß und ist gleichzeitig immer ein Lernprozess. Denn es gibt so viele Disziplinen beim Fallschirmspringen, die völlig unterschiedliche Fähigkeiten vom Fallschirmspringer abverlangen, dass es sehr viele Sprünge benötigt, um all diese Disziplinen zu beherrschen. Aus diesem Grund sollte jeder Fallschirmsprung gut geplant sein, um rasch Fortschritte verzeichnen zu können.
Die Planung wird auch Briefing genannt. Natürlich kann man auch einfach aus dem Flugzeug springen und sich in den 60 Sekunden Freifall spontan etwas einfallen lassen. Doch ehe man sich versehen hat, ist die Zeit auch schon vorbei und die 25 Euro für das Sprungticket sind in den Sand gesetzt. Daher benötigt man einen Sprungplan. Springt man alleine? Möchte man ganz neue Manöver ausprobieren oder seine Fähigkeiten verbessern? Springt man eine neue Sprungausrüstung oder die alt bewährte? Das sind wichtige Fragen, um beispielsweise die Öffnungshöhe zu bestimmen oder die Höhe, in der die Separation stattfinden soll.
Nach dem Freifall ist der Fallschirmsprung jedoch noch nicht vorbei. Anschließend folgt noch die Schirmfahrt. Natürlich kann man sich am Fallschirm herunterschrauben, um schnellstmöglich landen und noch einen guten Platz in der Packhalle abgreifen zu können. Andererseits kann man auch seine Fähigkeiten am Fallschirm verbessern und bei jedem Sprung ein oder zwei Manöver am Fallschirm üben. Da die meisten Unfälle beim Fallschirmspringen am offenen Fallschirm passieren, ist das wahrscheinlich keine schlechte Idee.
Bevor es in den Flieger geht, wird die Fallschirmausrüstung überprüft. Das setzt natürlich voraus, dass der Fallschirm nach dem letzten Sprung bereits sorgfältig gepackt wurde oder worden ist. Vor jedem Sprung hat der Springer also seine Ausrüstung zu kontrollieren – gründlich! Das bedeutet nicht, dass der Fallschirmspringer kreuz und quer mal hier mal da guckt. Viel besser ist es, mit System vorzugehen: Zu Beginn die Vorderseite überprüfen, dort zuerst links beginnen von oben nach unten vorgehen. Was sind die kritischen Punkte? Tragegurte und Schulterklappen (Schulterklappen zu? Steuerschlaufen richtig verstaut?), Drei-Ring-System in Ordnung und korrekt eingehangen? Eine Etage tiefer befinden sich der Trenn- und Reservegriff. Sind diese korrekt in der Kletttasche befestigt? Ist das Klett überhaupt noch in Ordnung? Ist die Überlänge beim Reservegriff ausreichend und verläuft sie frei? Man kann auch mal ganz leicht am Reservekabel und Trennkabel ziehen, ob sich auf der Rückseite etwas bewegt. Wenn nicht, war wohl jemand mit dem Seitenschneider am Werk.
Mancherorts ist er so selbstverständlich wie das Einsteigen ins Flugzeug, aber eben leider nicht überall – der Pin-Check. Zum Pin-Check gehört aber nicht nur die Kontrolle des eigentlichen Pins. Auch die Schulterklappen, der Verlauf der Bridle und ein kurzer Blick auf den Reserve-Pin gehören zu einem vollständigen Pin-Check dazu. Das geht eigentlich so schnell und trotzdem kümmern sich einige Springer leider wenig um ihre Mitspringer.
Ist der Fallschirmsprung gebrieft und die Ausrüstung gecheckt, kann es ins Flugzeug gehen. Im Flugzeug sitzt man allerdings nicht wie Kraut und Rüben, sondern in einer vorher besprochenen Reihenfolge. Die Reihenfolge ist abhängig von den Größen und Geschwindigkeiten (Freefly oder RW) der Gruppen, den Öffnungshöhen und der Art des Sprunges (Schülersprung, Tandemsprung, Birdman o.ä.). Der Steigflug dauert je nach Absprunghöhe und Flugzeugtyp unterschiedlich lang. Pauschal können 25 Minuten für den Steigflug auf 4000 Meter eingeplant werden. Bis zu einer Höhe von 500 Metern besteht Anschnall- und Helmpflicht, sollte es beim oder kurz nach dem Start zu Komplikationen mit dem Flugzeug kommen.
Und raus geht es aus dem Flugzeug – Der Exit
Kurz vor Erreichen der Absprunghöhe machen sich alle Fallschirmspringer sprungfertig. Dazu überprüft jeder noch einmal seine Ausrüstung und ob alle Griffe da sind, wo sie hingehören. Es kann auch nicht schaden, noch einmal einen Blick auf das Gear des Springers vor einem zu werfen, ob dort nicht eventuell eine Klappe am Gurtzeug aufgegangen ist oder der Hilfsschirm arg weit aus seiner Tasche guckt. Anschließend werden Sprungbrille und Helm aufgesetzt und, wenn vorhanden, die Videokamera eingeschaltet. Jetzt wartet man eigentlich nur noch darauf, dass das grüne Licht an der Tür aufleuchtet. Dann heißt es: „Alle raus!“
Wichtig ist, dass die einzelnen Fallschirmspringer und Gruppen genügend Abstand zueinander lassen. Je stärker der Wind ist, desto mehr Abstand muss eingehalten werden. Empfehlenswert sind meist sechs bis acht Sekunden Abstand. Ist der Abstand zu kurz, besteht die Gefahr, dass sich Springer im Freifall oder bei der Schirmöffnung in die Quere kommen. Und das wird dann richtig unangenehm!
Der Freifall ist natürlich das Spaßigste beim Fallschirmspringen. Was hier genau passiert, kann nicht pauschal beschrieben werden. Entscheidend ist die Disziplin, die man ausübt, ob man alleine oder in einer Gruppe springt und ob man trainiert oder just for fun springt. Auch die Freifalldauer variiert. Sind die Springer im Headdown oder Sitfly unterwegs (Freefly), endet der Freifall meist nach 50 Sekunden. Beim Formationsspringen auf dem Bauch sind sie rund 60 Sekunden im Freifall unterwegs. Geöffnet wird der Fallschirm bei 1.000 Metern. Diese Höhe lässt genügend Zeit, bei einer Fehlöffnung oder einem anderen Problem die nötigen Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Natürlich kann man den Fallschirm auch höher öffnen, um beispielsweise bestimmte Manöver am Fallschirm üben zu können. Viel tiefer als 1.000 Meter sollte man allerdings nicht gehen, falls doch einmal etwas nicht nach Plan verlaufen sollte.
Ist der Freifall zu Ende, folgt die Schirmfahrt. Dieser Teil des Fallschirmsprunges dauert unterschiedlich lang, je nachdem mit welchem Schirm man unterwegs ist und ob sich der Springer schnell herunterkurbelt oder mit seinem Schirm herumexperimentiert. Bis man einen Fallschirm wirklich ausgereizt hat und in jeder Situation weiß, wie er reagiert, vergehen hunderte von Sprüngen. Dann ist man aber auch in der Lage, bei widrigen Windverhältnissen souverän in einem kleinen Vorgarten zu landen. Die wenigsten Fallschirmspringer werden ihren Schirm jemals vollständig beherrschen. Zu schnell wird meist auf eine kleinere Fallschirmkappe gewechselt. Darum ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Unfälle beim Fallschirmspringen am voll funktionsfähigen Fallschirm passieren.
Gelandet wird in aller Regel gegen den Wind. Auf jedem Sprungplatz gibt es deshalb mindestens einen Windsack, der die Windrichtung anzeigt. Ganz unproblematisch ist das Landen ausschließlich nach dem Windsack aber nicht. An manchen Tagen bläst der Wind nicht konstant aus einer Richtung, sondern wechselt hin und her. Nehmen wir folgenden Sachverhalt an: Springer 1 verlässt als erstes das Flugzeug und hängt auch als erstes am Fallschirm. Der Wind kommt aus südlicher Richtung und demzufolge landet dieser Springer gegen den Wind. Springer 2 kommt hängt kurz nach Springer 1 am Fallschirm, doch plötzlich hat sich der Wind gedreht und kommt nun aus westlicher Richtung. Springer 2 landet also ganz anders als Springer 1. Nun stellt man sich dieses Szenario für einen ganzen Load mit 17 Springern vor. Alle Springer landen kreuz und quer und kommen sich im schlimmsten Fall in die Quere. Ein absolutes Horrorszenario! Deshalb legen einige Sprungplätze bei wechselnden Windverhältnissen ein sogenanntes Lande-T aus. Das sind im einfachsten Fall zwei Bretter zu einem T zusammengenagelt. Dieses T liegt gut sichtbar an der Landezone und wird von Hand nach dem Wind ausgerichtet. Da sich dieses T nicht von selbst dreht, besteht auch nicht die Gefahr, dass sich die Fallschirmspringer in die Quere kommen. Da kann es natürlich schon mal vorkommen, dass der eine oder andere Springer mit Cross Wind (Seitenwind) oder Rückenwind landen muss. Aber lieber einen ordentlichen Landefall gemacht, als in 50 Metern Höhe eine Kappenkollision zu riskieren.
Ist der Fallschirmspringer sicher gelandet, wird er sich natürlich erstmal über das tolle Erlebnis und den schönen Sprung freuen. Dann geht es ab in die Packhalle, denn irgendwie muss der Fallschirm schließlich wieder gepackt werden. Wer darauf keine Lust hat oder keine Zeit, lässt packen. Das ist heutzutage gang und gäbe. Deshalb haben viele Sprungplätze feste Packer, die in Windeseile jeden Fallschirm wieder eintüten. Umsonst gibt es diesen Service meist nicht. Fünf Euro werden dafür schon fällig. Packt man selber, dauert das aber auch nur 15 bis 30 Minuten und man weiß, was man da auf dem Rücken hat.
Anschließend folgt die Sprungauswertung, auch De-Briefing genannt. Lief der Sprung nach Plan? Was ging in die Hose und wie kann man es beim nächsten Mal besser machen? Das sind Fragen, die im De-Briefing geklärt werden. Am besten lässt sich ein Sprung mit einem Video auswerten.
Fallschirmspringen ist anstrengend, besonders im Sommer, wenn die Sonne brennt und man unentwegt am Springen und Packen ist. Oft wird ganz vergessen, sich einfach mal für zehn Minuten in den Schatten zu setzen und etwas zu trinken und zu essen. Hauptsache, man ist in jedem Load drin und die Sprunganzahl am Ende des Tages stimmt. Da braucht man sich nicht wundern, wenn die Konzentration und Leistungsfähigkeit abnimmt. Also einfach mal ne Runde abschalten und einen Load auslassen. Dafür ist man dann auch abends länger fit und kann mit seinen Springerkollegen gemütlich ein oder zwei Bierchen trinken.